Chancen und Risiken

gepostet am 28. März 2021 in Logbuch

Es gibt viele Dinge, die mir in den letzten Wochen durch den Kopf schwirren. Viele Entscheidungen, die ich treffe, die entweder für mich oder für andere Menschen in meinem Umfeld Konsequenzen haben. Private Entscheidungen betreffen mich selbst, sind unterschiedlich komplex in ihren Chancen und Risiken, sie sind aber nur von einer begrenzten Wirksamkeit, denn ich treffe durch sie keine Entscheidungen für Menschen, die sich außerhalb meiner Familie befinden. Andere Entscheidungen, die ich treffe, haben durchaus eine Auswirkung auf andere Menschen, die sehr direkt und weitreichend sein kann, wenn ich z.B. im Rahmen einer mündlichen Prüfung eine gute oder schlechte Note vergebe. In allen Fällen muss ich jedoch die aus meinen Entscheidungen entstehenden Chancen und Risiken bedenken, mir darüber klar sein, dass mein Handeln Konsequenzen hat, nicht haben kann, sondern mit Sicherheit haben wird.

Im ersten Moment hört sich dies sehr abstrakt an, denke ich aber ein wenig darüber nach, was sich daraus für mich persönlich für eine Situation ergibt, dann kann ich diese relativ leicht auf andere Dinge übertragen und komme auf die grobe Faustregel "mit Chancen kommen Risiken".

Warum schreibe ich das hier? Ich beobachte in den letzten Monaten immer mehr, wie Menschen, sich immer weniger dessen bewusst werden, wie ihre Chancen und Risiken mit Konsequenzen verknüpft sind. Wir sehen immer mehr nur unsere Chancen, blenden Risiken dabei aus und leben zunehmend um uns selbst kreisend egoistisch, wissen alles besser, auch dann, wenn unsere eigene Expertise keinerlei Hinweis darauf geben sollte, dass wir tatsächlich auch nur im Ansatz eine durchdachte Lösung erdenken könnten. Wir konsumieren, nicht mehr, nicht weniger. Wir wollen Dinge haben, fühlen uns aber nicht mehr für die Risiken und Konsequenzen unseres Handelns verantwortlich, verlieren den Blick auf größere Zusammenhänge.

Aus diesem Verhalten entsteht eine Gesellschaft, in der wir Menschen nicht mehr daran denken, dass auch eine Begrenzung unserer Chancen durch die Gesellschaft eine Möglichkeit sein kann, unsere Risiken zu minimieren. Der gesellschaftliche Konsens, dass man auf andere Rücksicht nimmt, verliert an Gültigkeit. Rücksichtslosigkeit bahnt sich ihren Weg, ohne ein Bewusstsein dafür, dass wir an diesem Problem leiden, denn die anderen, die nicht unserer Meinung sind, sehen wir nicht mehr.

Ein wenig Hoffnung habe ich, dass sich die Dinge wieder etwas in eine andere Richtung gehen, wenn unsere momentane Problemlage mit Corona und vielen Entscheidungen, die wir selbst nicht gut finden (auch ich nicht, das ist nicht der Punkt), vorbei ist. Ich will nämlich nicht in einer Gesellschaft leben, in der alle nur an den eigenen Vorteil denken und nicht erkennen, dass es auch andere Menschen gibt, denen es schlechter oder besser geht. Zusammenhalt braucht Weitblick und Perspektive. Wir werden schauen müssen, welche Rolle wir selbst spielen. Wir werden schauen müssen, dass wir uns nicht mehr nur für uns selbst und die eigene Meinung interessieren, sondern uns auch mit Gegenpositionen befassen, diese diskutieren, Entscheidungen, die von Menschen mit mehr Kompetenz getroffen wurden zu akzeptieren und anschließend in einem ruhigen Diskurs (keine wütenden Demonstrationen, keine Gewalt, ja, in Zimmerlautstärke) erörtern.

Ich würde es mir so sehr wünschen...